Donnerstag, 1. Juni 2017

✈️ Abschied und Anfangszeit





Voller Freude fieberte ich dem bevorstehenden Abenteuer entgegen, wenn auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Die letzten Wochen vor dem 08. August 2016 waren eine intensive Zeit, die mir mehr als zuvor gezeigt hat, was ich alles zurücklasse, aber ebenso auch, wozu ich ein Jahr später wieder zurückkehren würde. Das Gefühl Vieles vermissen zu werden zeigte mir, wie viele wunderbare Menschen mir den Rücken stärken und für mich da sind. Dies gab mir gleichermaßen Kraft, voller Zuversicht in dieses Jahr mit neuen Erfahrungen und Erlebnissen zu blicken. 

Am 09. August landeten wir nach einem langen Flug, bei dem wir zwei mal umsteigen mussten, in Santa Cruz und wurden vom Chef unserer Partnerorganisation „Hostelling International Bolivia“ abgeholt.  Erwartet wurden wir von einem holprigen Microbus mit eingeschlagenen Fenstern, ohne Anschnallgurte und wild übereinander gestapelten, unbefestigten Koffern im Gang, die bei jeder Kurve gefährlich herumrutschten. Der erste Eindruck von Bolivien war demnach genauso aufregend wie erwartet. Dass das bevorstehende Jahr ein Abenteuer mit Nervenkitzelgarantie werden würde war in dem Moment klar, als wir aus dem Flughafen traten und diesen Bus sahen. Ein Gefühl der Freiheit ging damit Hand in Hand. 

In Bolivien angekommen ging dann alles ganz schnell: Nur ein Tag zum Verweilen in Santa Cruz, einer riesigen, überfordernden Stadt, danach ging es schon mit der Flota (Reisebus) weiter nach Sucre, die weiße Hauptstadt. Müde und gerädert nach 14 Stunden Fahrt, kamen wir früh morgens in Sucre an. Wir wurden von Arturo abgeholt, ebenfalls einer unserer Chefs. Ein viel zu kleiner Bus wartete auf uns und unser massiges Gepäck und auf den ersten Blick war klar: das kann nicht funktionieren! In Deutschland wäre das zumindest unmöglich gewesen, so aber nicht in Bolivien. Koffer wurden ebenso übereinander gestapelt wie wir Voluntarios und dann ging auch schon die wilde Fahrt ins Hostel Kultur Berlin los. Dieses sollte für die nächsten drei Wochen unser zu Hause werden. 

Die Zeit im Kultur Berlin war sehr angenehm. Zwar galt es auch viele zeitintensive Behördengänge zu meistern, aber an Freizeit mangelte es uns definitiv nicht und so hatten wir Zeit für viele schöne Ausflüge, oder auch mal für das süße Nichtstun. Wir fühlten uns mehr wie Urlauber, denn als Voluntarios für ein Jahr. Alles war so neu und wir erlebten am Anfang alles aus der Sicht der Touristen. 
Sucre ist eine sympatische Stadt und trotz stressigem Verkehr kann man hier gut entspannen. Vor allem der Mercado Central ist zu einem beliebten Ziel geworden, denn dort gibt es zahlreiche Fruchtstände, wo man sich für sehr wenig Geld einen super leckeren Fruchtsaft zubereiten lassen kann. 


Am 31. August hieß es dann für diejenigen unter uns, die keinen Sprachkurs belegt hatten: „Auf geht’s in die Dörfer“! Die anderen sollten zwei Tage später nachkommen. Ich gehörte zu der ersten Gruppe und blickte völlig nervös und aufgeregt in die Zukunft. Jetzt würde es also losgehen, jetzt würde das Freiwilligenjahr so richtig starten und meine Arbeit würde beginnen. Ich würde das Dorf, das ich mir so oft schon ausgemalt hatte, mein Zimmer und die Hostelfamilie kennenlernen. Und das alles auch noch alleine, zwar nur für zwei Tage, aber eben die entscheidenden ersten zwei Tage, in denen man an alles herangeführt wird. 

In der Flota war ich noch nervös und wünschte mir, die Fahrt möge ewig dauern, doch als ich dann in Acalá stand, mitten in einer unbekannten Straße (und eigentlich auch der einzigen des Dorfes, wie sich später herausstellen sollte), mit zu viel Gepäck und zu wenig Ahnung wohin es nun gehen sollte, war alles gut. Ich war angekommen, hatte mein Gepäck noch und jetzt konnte wohl nicht mehr viel schiefgehen. Als dann auch das Hostel gefunden war und ich mich meiner Hostelfamilie Don Roger, Doña Clivia und ihrer Tochter Lille vorgestellt hatte, mein Zimmer für die Nacht gezeigt bekam, war es geschafft, auch ohne die Jungs, die alles noch vor sich hatten. Nun war die Urlaubszeit als Touristin vorbei. Nun begann der „Ernst des Lebens“, nun war ich tatsächlich für ein Jahr von zu Hause weg. 




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